Wie Sie Ziele, auf die es wirklich ankommt, entwickeln, messen und umsetzen.
Manche Bücher glänzen durch Ihre Titelseite. Andere schrecken eher dadurch ab, packen dafür Ihren Leser nach den ersten Seiten so fest, dass es sie nicht mehr wieder loslässt. John Doerr’s OKRs gehört definitiv dieser zweiten Kategorie an. Nachdem Sie es gelesen haben, werden Sie einen ganz anderen Umgang mit dem Thema Ziele haben.
Wissen Sie, was Unternehmen wie Intel, Google und MyFitnessPal teilen? Kennen Sie Remind, Nuna oder Zume Pizza? Alle diese Unternehmen haben zweierlei gemeinsam: Eine überragende Innovationskultur, mit der sie aus ihrem Markt herausragen. Und dafür setzen sie den größten Erfolgsfaktor ein: den OKR-Ansatz (Objectives & Key Results).
OKRs sind einfach und beantworten im Kern zwei Fragen. Erstens: Was wollen wir erreichen? Das sind die „Objectives“. Zweitens: Wie können wir messen, dass wir das Ziel erreicht haben? Das sind die „Key Results“.
Buchautor Doerr lernte OKRs kennen, als diese bei Intel unter Andy Grove entstanden.
In dem erbarmungslosen Kampf, den sich der Computerprozessorenhersteller Ende der Siebziger mit seinen Mitbewerbern lieferte, ließen zwei Herausforderungen dem Manager keine Ruhe. Heute haben diese keineswegs an Brisanz verloren.
Sie lauten:
- Wie können wir Leistung bei Wissensarbeitern definieren und messen?
- Und wie kann man sie steigern?
Unter Grove‘s Leitung setzte Intel innerhalb von vier Wochen die Prioritäten des Unternehmens nach den vier OKR-Erfolgsfaktoren komplett neu auf. Es galt nun für den gesamten Betrieb: Fokussieren und sich den Prioritäten verpflichten, ausrichten und verbinden für Teamarbeit, verfolgen der Verantwortlichkeit, und zu guter Letzt: Sich strecken, um nach den Sternen zu greifen.
Wenige Jahre später stand Doerr einem kleinen Garagen-Start-Up zur Seite, das es weit bringen sollte. Er verdeutlicht in seiner Erzählung, wie Google von Beginn an, mithilfe der OKRs zu dem gewachsen ist, was es heute ist. In erster Linie deshalb, weil sich das Unternehmen radikal zu fokussieren wusste und sich damit durchsetzte. Angesichts seiner hohen Risikobereitschaft musste es rasch lernen, bei scheiternden Projekten, den Stecker schnell zu ziehen: Früh scheitern ist im OKR-Ansatz ein wesentliches Erfolgselement.
Darüber hinaus hat aus OKR-Sicht kein einziger Erfolgsfaktor so viel Einfluss wie „klar definierte Ziele niedergeschrieben und klar zugänglich“, weil es damit Unternehmern gelingt, eine Kultur des Engagements einzuführen und hochzuhalten.
Der 1.Erfolgsfaktor im Auge der OKRs-Gründer: „Fokussieren und sich Prioritäten verpflichten“
Welches sind unsere obersten Prioritäten für die kommende Periode? Worauf sollten sich unsere Teams konzentrieren? Wofür sollten sich alle anstrengen? Der alles entscheidende Fokus findet auf der obersten Ebene statt, mit Führungskräften, die die nötige Zeit und Energie darauf verwenden, zu entscheiden, was für das Unternehmen wirklich zählt.
Nachdem diese Vision gesetzt und mit Klarheit kommuniziert wurde, muss sie auf Dauer umgesetzt werden. Für verlässliche Fortschritte müssen Führungskräfte in der Lage sein, Leistungen und Ergebnisse mit dem Ziele abgleichen zu können. Um mit den sich permanent verändernden Märkten Schritt halten zu können, haben sich Quartals-OKRs am besten bewährt. Auch deshalb, weil das erforderliche Feedback nur wirkt, wenn es bald nach der Aktivität erfolgt, die es betrifft.
Der 2. Erfolgsfaktor heißt „ausrichten und verbinden für Teamarbeit“
Viele Unternehmer teilen eine zentrale Frustration: „Zu jeder Zeit arbeitet ein beträchtlicher Teil der Belegschaft an den falschen Dingen. Die Herausforderung besteht darin, zu wissen, welcher.“ Hat die oberste Ebene die Prioritäten festgelegt, verknüpfen Vorgesetzte und Mitarbeiter ihre täglichen Aktivitäten mit der Vision der Organisation: Das ist die Ausrichtung.
Das Messen der Aktivitäten im Unternehmen muss sich auf Echtzeit Statistiken und nicht auf „Post-Mortem-Verkaufsberichte“ stützen können. Was passiert gerade jetzt? Wie viele Leads kamen diese Woche? Wie viele neue Abonnenten haben sich für uns entschieden? Wie hoch ist unsere Umwandlungsrate? – jetzt!
Die Frühindikatoren der Aktivitäten sind auch aus einem weiteren Grund entscheidend: Mitarbeiter leisten wesentlich mehr, wenn die Wirkung ihres Beitrags auf das Gesamtergebnis klar und zeitnah messbar dargestellt wird.
Der 3. Erfolgsfaktor: „Verfolgen der Verantwortlichkeit“
OKRs aufzusetzen reicht nicht aus. Die Sache hat für das Unternehmen eine zentrale Bedeutung und braucht einen dedizierten Kümmerer. Diese Person sorgt für die Treue der Gesamtorganisation an dem OKR-Prozess. Die Teams gehen am Ende jeder OKR-Periode in einer Analyseschleife: objektive Bewertung, subjektive Selbstbeurteilung und Reflexion. Denn wie der Philosoph und Pädagoge John Dewey urteilt: „Wir lernen nicht von Erfahrungen. … Wir lernen von der Reflexion über Erfahrungen.“
Erfolgsfaktor Nummer 4: „Sich strecken und nach den Sternen greifen“
Konservative Zielsetzung verhindert Innovation. Und für Unternehmen ist Innovation wie Sauerstoff. Ohne sie kein Leben. Innovation setzt in der Regel ehrgeizige Ziele voraus. Edwin Locke, Urvater der strukturierten Zielsetzung, sagte: „Je schwieriger ein Ziel, desto höher das Leistungsniveau“. Ist die Qualität der Ziele auch nicht das, was Entrepreneur auszeichnet? Mit Sicherheit. Vor allem wenn man Unternehmer als diejenigen sieht, die mehr tun, als jeder andere für möglich hält … mit weniger als jeder für möglich hält.
Andy Grove verstand, dass, auch wenn nicht jeder Mitarbeiter ein geborener Entrepreneur ist, „fordernde“ Ziele bei allen anderen die maximale Leistung hervorlocken könnten.
Diese Leistung belegen anspruchsvolle Kennzahlen, die Mitarbeitern das sichere Gefühl geben, sich auf dem Erfolgspfad zu befinden. Schließlich müssen Führungskräfte zwei wesentliche Dinge vermitteln: Die Relevanz des Ergebnisses und den Glauben daran, dass es erreichbar ist.
CFR: Conversation, Feedback und Recognition
Ein überaus wichtiges Instrument, das die OKRs begleitet sind eine moderne Alternative zu jährlichen Mitarbeitergesprächen. Dieses Tool heißt CFR, was für Conversation, Feedback und Recognition steht. Also ein fortlaufender, authentischer und gut strukturierter Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, mit dem Ziel die Leistung zu steigern. Im 2. Schritt, ein ehrliches Feedback, in beiden Richtungen sowie unter Kollegen, welches bisherige Fortschritte evaluiert und künftige anregt. Und – was unglücklicherweise oft fehlt – eine aufrichtige und ausgedruckte Anerkennung für Individuen, angesichts der erbrachten Leistung.
Das daraus entstandene kontinuierliche Performance Management macht deutlich warum 10 % der Fortune 500-Unternehmen das alte System der jährlichen Mitarbeitergespräche abgeschafft haben: Mit Hilfe fortlaufender Gespräche, um Echtzeit-Feedback ergänzt, können sich Mitarbeiter das ganze Jahr hindurch verbessern. Ausrichtung und Transparenz werden zum täglichen Imperativ. Der Vorgesetzte ist von nun an zum Lernen und Coachen da, was eine radikal andere Beziehung mit den Team-Mitgliedern entstehen lässt.
Im Laufe des ganzen Buches belegt John Doerr durch zahlreiche Erfahrungsberichte, wozu Organisationen mit dem OKR-Ansatz in Stande sind. Daraus wird eins klar: Lassen sich eine Organisation und die Führungskräfte auf das „Experiment OKR“ ein, gibt es in der Regel kein Zurück mehr. Mitarbeiter wollen die offenere Kommunikationskultur und das Mitreden bei Zielsetzungs- und Entscheidungsprozessen nicht mehr missen. Und das Management nicht die enorme Leistungssteigerung.
Entscheidend ist – wie so oft – eine wirksame Umsetzung.
Erfolgreiches Gelingen!
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